Die Kohldrehherzfliege Contarinia nasturtii tritt in der Schweiz erst seit den 90-er Jahren auf. Sie hat noch nicht alle Regionen erobert, vergrössert aber ihr Befallsgebiet laufend. Und dieses Jahr ist das Wetter so ziemlich nach ihrem Geschmack, nämlich feucht und warm. Schattige, geschützte Lagen mag die Kohldrehherzfliege besonders gern. Falls sich jemand wundert, dass seine Kohlgewächse keine Köpfe machen und oft verdrehte Blätter haben, könnte das an der Kohldrehherzfliege liegen (muss aber natürlich nicht). Für alle, die noch nicht die Bekanntschaft mit ihr gemacht haben, hier ein paar Fakten:
Die Schadbilder sind vielfältig. Wo die winzig kleine Fliege zuschlägt dreht der Kohl in der Regel durch. Meistens verliert er dabei sein Herz (und wir schlussendlich den Kopf). Denn das kleine Biest sucht sich zur Eiablage bevorzugt die Mitte der Pflanze aus, genauer: den Vegetationspunkt. Aus den Eiern schlüpfen nach 3-4 Tagen gelbliche Maden welche die obersten Zellschichten der jungen Pflanzenorgane mit ihrem Speichel auflösen und dann den Zellsaft schlürfen. Das führt dazu, dass die Pflanzen verdrehte Herzblätter bekommen, das Herz in der Folge häufig verfault und wir am Ende ziemlich sicher keinen Blumenkohl oder Brokkolikopf ernten können. Nach ein bis zwei Wochen lassen sich die Larven auf den Boden fallen, wo sie sich in wenigen Zentimetern Tiefe verpuppen. Rund 14 Tage später schlüpft die nächste Generation. Im Sommer dauert dieser Entwicklungszyklus etwa 4 Wochen. Meist überlappen sich mehrere Generationen. Die Puppen können im Boden bis zu zwei Jahre überdauern.
Wenn man den Schaden entdeckt ist es bereits zu spät. Befallen werden Broccoli, Kohlrabi und Röslichöl, alle Kopfkohl-Arten (also Weiss- und Blaukabis), Blumenkohl, Wirz etc. und das die ganze Vegetationsperiode hindurch. Je jünger die Pflanze, umso grösser ist der Schaden. Dass auch Unkräuter wie Hederich, Hirtentäschel, Ackersenf und Ackerhellerkraut von der Kohldrehherzfliege geliebt werden macht die Sache nicht einfacher. In Expertenkreisen gilt sie als Fruchtfolgeschädling. War Kraut oder Unkraut auf einem Beet befallen, wird die Fliege mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im Folgejahr auftreten. Aber auch die Nachbarbeete sind dann nicht mehr sicher, schliesslich kann die Fliege fliegen. Im Profianbau werden deshalb Abstände zu anderen Kohlkulturen von mindestens 100 Metern empfohlen. Aber sooo gross ist mein Garten gar nicht…
Die Kohldrehherzfliege ist unschein- und nahezu unsichtbar, absammeln geht also nicht. Das einzige was sie von ihrem Tun abhalten kann ist ein absolut dichtes und sehr feinmaschiges Kulturschutznetz (0,8 x 0,8 mm), das dann aber von Anfang bis Ende der Kultur aufgelegt sein muss. Und dieses Netz tut seinen Dienst auch nur, wenn die Puppen vorher nicht schon im Boden waren. Sonst bewirkt es lediglich, dass die Fliegen nicht mehr rauskönnen…
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